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29.04.2020
Ferdinand
Ferdinands Geschichte
Beluga Wal, 45 Jahre Gefangenschaft, 29 Jahre im Duisburger Zoo, Deutschland und 16 Jahre in SeaWorld San Diego, Kalifornien, USA
Ferdinand - Berühmtheit wider Willen:
der letzte Belugawal in Gefangenschaft in Europa im Duisburger Walarium.
Jüngere BesucherInnen des Zoo/Delfinarium Duisburg haben sich vielleicht schon einmal die Frage gestellt, warum im Eingangsbereich ein Wal abgebildet ist. Bis zum Jahr 2004 fristeten in Duisburg mehrere Beluga-Wale ihr trauriges Dasein.
Nachdem der Duisburger Zoodirektor Dr. Gewalt kläglich bei der Fangaktion von Moby Dick, einem Beluga Wal, der sich im Mai 1966 im Rhein zeigte, gescheitert war, brach er zu einer ersten Fangexpedition in die Hudson Bay, Manitoba, Kanada auf. Statt dort einen weiblichen und einen männlichen Beluga zu fangen, wie es ursprünglich geplant war, gingen ihm bei der brutalen Fangaktion zwei weibliche Belugas ins Netz. Dies merkte man allerdings erst, als man die beiden Belugas am 18. August 1969 in den Duisburger Zoo gebracht hatte.
Da war es allerdings zu spät und die Namen mit Alua und Moby (für das gedachte Männchen) schon vergeben. Weil ein männlicher Beluga nun aber für eine Zucht fehlte, kam es 1975 zu einer weiteren Fangexpedition. Finanziert von der Ferdinand Lentjes Stiftung war der Name Ferdinand für das zu fangende Männchen schon vorher festgelegt.

Duisburger Zoo, Deutschland
Am 26.07.1975 wurde Ferdinand im Alter von nur fünf Jahren unter Leitung des damaligen Zoodirektors Dr. Gewalt, dessen Name wie bei allen Fangaktionen Programm war, gegen 18 Uhr in der Hudson Bay, Manitoba, Kanada (in der Nähe der Flussmündung des Churchill River) gefangen.
Von den um diese Jahreszeit fast zugefrorenen Gewässern wurde er in eine Holzkiste verfrachtet und in ein Flugzeug nach Deutschland gesteckt, wo er dann bei 30° C im deutschen Sommer in Frankfurt landete. Lediglich für die Strecke vom Flughafen zum Duisburger Zoo nutzte man einen Kühlwagen. Leider änderte dies nichts an den tropischen Sommertemperaturen, denen er von nun an jeden Sommer im Duisburger Walarium ausgesetzt war.
Von den um diese Jahreszeit fast zugefrorenen Gewässern wurde er in eine Holzkiste verfrachtet und in ein Flugzeug nach Deutschland gesteckt, wo er dann bei 30° C im deutschen Sommer in Frankfurt landete. Lediglich für die Strecke vom Flughafen zum Duisburger Zoo nutzte man einen Kühlwagen. Leider änderte dies nichts an den tropischen Sommertemperaturen, denen er von nun an jeden Sommer im Duisburger Walarium ausgesetzt war.
Seitdem lebte er zusammen mit den beiden Beluga-Weibchen. Alua wurde im Alter von drei Jahren gefangen. Sie starb am 26. Juli 1984 an einem Herzinfarkt nach 15 Jahren Gefangenschaft im Alter von 18 Jahren im Duisburger Zoo. Moby wurde im Alter von fünf Jahren gefangen. Sie starb am 5. Juni 1999 an einer Bakterieninfektion des Magen Darm Trakts nach 30 Jahren Gefangenschaft im Alter von 35 Jahren im Duisburger Zoo. Die von Dr. Gewalt und dem Zoo erwünschten Nachkommen blieben hingegen aus.
Drei Jahre später am 18. Dezember 1978 kam der in den Gewässern vor Argentinien gefangene Jakobiter-Delfin (Commerson-Delfin) Yogi (Jogi) ins Walarium des Duisburger Zoos dazu.

Symbolbild: Beluga an der Mündung des Churchill River in die Hudson Bay. So schwamm auch Ferdinand dort in Freiheit, bevor Dr. Gewalt ihn grausam gefangen hat.
Von Ansgar Walk - photo taken by Ansgar Walk, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=621604
Da Ferdinand alles mögliche, was Besucher ins Becken warfen, fraß, musste der Tierarzt des Duisburger Zoos ihn mehrfach behandeln. Dafür mussten jedes Mal die 700 Kubikmeter Wasser des Beckens abgelassen werden. Was das für einen Streß für ein Tier in Gefangenschaft bedeutet, kann man sich sicher vorstellen.
Beluga Ferdinand im Walarium im Duisburger Zoo. Er zeigt das Deprivationssyndrom oder auch Hospitalismus genannt.
Nachdem Moby 1999 gestorben war hatte Ferdinand nur noch artfremde Beckengenossen, mit denen er sich nicht verständigen konnte.
Die
LeserInnen können sich in dem folgenden Video selbst einen Eindruck
verschaffen, wie die Belugas im Duisburger Walarium ihr Leben fristen
mussten. Nur 700 Kubikmeter Wasser standen den Belugas und Yogi (Jogi)
zur Verfügung.
Ferdinand im ehemaligen Walarium im Duisburger Zoo, zeigt das für Tiere in Gefangenschaft lebende Deprivationssyndrom.
Ferdinand im ehemaligen Walarium im Duisburger Zoo, zeigt das für Tiere in Gefangenschaft lebende Deprivationssyndrom.
Am 12.09.2004 wurde Ferdinand zusammen mit seinem
Gefährten Yogi (Jogi) in den Themenpark SeaWorld San Diego (USA)
überführt. Grund hierfür war das äußerst veraltete Walarium, für dessen
Renovierung und Ausbau dem Zoo Duisburg die finanziellen Mittel fehlten.
Das Walarium in Duisburg entsprach nicht mehr dem Standard und wurde
geschlossen.
Ferdinand und
Yogi (Jogi) verbrachten nur wenige gemeinsame Tage in San Diego in einem
Becken, um dann endgültig getrennt zu werden. Ferdinand wurde in den
Bereich „Wild Arctic“ zu den Beluga-Damen Ruby, MukTuk sowie dem
Männchen Nanuq umgesiedelt.
Als
Ferdinand die ersten Male auf Nanuq traf, kam es zu blutigen Kämpfen. Da
Nanuq über die besseren Zähne verfügte und Ferdinand aufgrund des
Nagens an den Beckenrändern (ein Zeichen von Streß und Langeweile in
Gefangenschaft) seine Zähne verloren hatte, konnte Ferdinand sich nicht
wehren. Im Februar 2005 "zog" Nanuq in den Themenpark SeaWorld San
Antonio, Texas, um.
Ferdinand hat nun 45 Jahre in Gefangenschaft verbracht.

Symbolbild: Beluga im Vancouver Aquarium
Von Stan Shebs, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=506113
Von Stan Shebs, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=506113
Andrea Bensing & Antonietta Tumminello